Mindestens 4.000 neue ambulant tätige angestellte KV-Mitglieder – dem Selbstverwaltungsstärkungsgesetz sei Dank
Von Jörg Ziegler
Es ist lediglich ein Halbsatz, der im Sozialgesetzbuch V (SGB V) geändert wurde. Gleichwohl hat er immense Auswirkungen, denn mit ihm haben sich etwa die Wahl- und Mitwirkungsmöglichkeiten von teilzeitbeschäftigten Ärztinnen und Ärzten in den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) verbessert.
Hieß es zuvor im §77 Abs.3 Satz 2 SGB V „(…) Voraussetzung der Mitgliedschaft angestellter Ärzte (…) ist, dass sie mindestens halbtags beschäftigt sind“, wurde der zweite Teil des Satzes mit Inkrafttreten des Selbstverwaltungsstärkungsgesetzes Anfang März dieses Jahres geändert. Nun lautet der Satz unmissverständlich „mindestens zehn Stunden pro Woche beschäftigt sind“. So hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der KVen ausgehebelt, den Begriff „halbtags“ zu ihren Gunsten zu interpretieren.
Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass dies bereits zuvor in einigen KVen galt.
Dennoch wird sich die gesetzliche Änderung insgesamt ausgewirkt haben. Daher hat die MBZ bei den 17 KVen nachgefragt, wie sie sich prozentual und in absoluten Zahlen ausdrückt.
Den Ausreißer nach oben stellt Westfalen-Lippe dar. Die Zahl der angestellten Mitglieder ist dort von 1.874 auf 2.449 gestiegen. Das Plus von 575 Mitgliedern entspricht einem Anstieg um 30,7 Prozent.
Als Zugang bei den ambulant tätigen angestellten Ärztinnen und Ärzten verzeichnete die KV Hamburg 328 Mitglieder, was nach dortigen Angaben einer Steigerung von 7 Prozent entspricht. Im Freistaat Sachsen ist die Mitgliederzahl durch die Änderung um 5,1 Prozent auf 8.198 gewachsen. Das sind 401 mehr als vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung. Auf 5 Prozent bringt es die KV Brandenburg, deren Zahl der angestellten Ärzte und Psychotherapeuten sich um 210 erhöht hat. In Niedersachsen sind es 3,9 Prozent oder 573 neue Mitglieder, in Bremen 3,5 Prozent (68 neue Mitglieder). Die KV im Saarland verbuchte im August 59 neue Mitglieder, was demnach einer Steigerung von 2,8 Prozent entspricht. In Rheinland-Pfalz hat sich die Zahl der Mitglieder um 2,5 Prozent (186) erhöht. In der benachbarten KV Nordrhein kam man gerade einmal auf 2 Prozent (290).
Lediglich absolute Zahlen lieferten die verbleibenden KVen. Baden-Württemberg gab an, 65 neue Mitglieder zu zählen. Aus Bayern hieß es, dass derzeit „noch keine konkreten Zahlen über einen Mitgliederzuwachs“ möglich seien. Mit Stand vom 1. August seien rund 5.380 Ärzte und Psychotherapeuten von etwa 26.000 Mitgliedern insgesamt Angestellte gewesen.
Berlin ließ mitteilen: Die KV habe „bezüglich der angestellten Ärzte mit mindestens 10 Wochenstunden bisher keine Erhebung durchgeführt“.
In Hessen sind mit Stand August 504 „neue“ angestellte Mitglieder hinzugekommen, während Mecklenburg-Vorpommern 554 zusätzliche angestellte Ärztinnen und Ärzte verzeichnet. Schleswig-Holstein zählt 5.500 Mitglieder. Zum 1. Oktober seien 120 „vierteltags angestellte Ärzte mit einem Tätigkeitsumfang von zehn Stunden“ hinzugekommen. Auf nahezu dieselbe Zahl kommt Thüringen mit 121 Ärzten und Psychotherapeuten, die als neue Mitglieder registriert wurden.
Eine Antwort schuldig blieb die KV Sachsen-Anhalt.
Insgesamt bedeutet dies nur auf Grundlage der uns vorliegenden absoluten Zahlen einen Zuwachs von 3.874 Mitgliedern. Unter Berücksichtigung der KVen, die nichts oder keine absoluten Zahlen geliefert haben, ist davon auszugehen, dass es sich um mindestens 4.000 Zugänge handelt. Die in Teilen großen Differenzen bei den Zuwächsen auch mit Blick auf die Größe der einzelnen KVen lassen vermuten, dass die einschlägige Vorschrift des SGB V vor der Neuerung besonders eng ausgelegt wurde.
Dass die angestellten Ärztinnen und Ärzte auch jetzt noch bei weitem in nicht allen KVen mit offenen Armen empfangen werden, zeigt auch ein Blick auf den sogenannten Beratenden Fachausschuss für angestellte Ärzte. Erst in diesem Jahr hatten letztlich alle 17 KVen ihre konstituierenden Sitzungen vollzogen, obwohl dieser Ausschuss bereits in der zurückliegenden KV-Legislatur durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz neben den bisherigen Fachausschüssen der Hausärzte, Fachärzte und Psychotherapeuten verpflichtend vorgesehen war. Willkommenskultur sieht anders aus.
Trotzdem bewegt sich etwas in den Gremien der KVen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. In vielen engagieren sich bereits MB-Mitglieder – unter anderem in dem besagten Ausschuss. Ziel: die berechtigten Anliegen der angestellten Ärztinnen und Ärzte nachhaltig stärken.