Angestellte Ärzte in KVen stärken!

Medizinische Versorgungszentren und ihre Angestellten im Fokus

Von Stefanie Gehrlein

Kurz vor dem jährlichen Bundeskongress des Verbandes der Medizinischen Versorgungszentren wartete die Ärzte Zeitung online mit diesen Schlagzeilen auf: „Mehr als 16.000 Ärzte arbeiten in MVZ“, „MVZ haben seit 2015 stark zugelegt“ und „Nord-KVen gegen Vorfahrt für MVZ“.
Dazu passte der Titel des Praktikerkongresses: Kooperation unaufhaltbar!?

Mit Dr. Bernd Köppl und Dr. Peter Velling beleuchteten alter und neuer Vorstandsvorsitzender die Rolle der MVZ in der bisherigen Gesundheitspolitik, die strategische Ausrichtung des Verbandes in der nächsten Legislaturperiode und die besondere Rolle der angestellten Ärzte in der ambulanten Versorgung.

Verzahnung der Sektoren

Dr. Köppl sah die Verzahnung der Sektoren als wichtigstes Zukunftsthema der Gesundheitspolitik und zeigte sich zuversichtlich, dass sich kooperative Strukturen weiter durchsetzen würden. Bei fachgleichen und Zahnarzt-MVZ sei eine wahre Gründungswelle zu verzeichnen, die nicht krankenhaus-, sondern arztgetrieben sei. 2016 gab es bereits 2.490 MVZ. Fast 50 Prozent aller Kliniken betrieben eigene Medizinische Versorgungszentren oder planten, ihre Aktivitäten auszuweiten. Nach wie vor sei der Trend zu beobachten, dass die Zahl der Ärzte in Einzelpraxen falle, die der in MVZ aber steige.

Dr. Köppl stellte für das ambulante Arbeiten an der Sektorengrenze konkrete Forderungen auf, wie die Abschaffung des Krankenhausnachranges bei Ausschreibungsverfahren, die Förderung von sektorübergreifender Verbundweiterbildung, auch durch Verfahrensvereinfachung mit Hilfe entsprechender Normen, einen Bürokratieabbau rund um das Thema „Anstellung von Ärzten“ sowie die Angleichung inhaltlich gleichartiger Prozesse im ambulanten und stationären Bereich.

Dr. Velling legte seinen Fokus auf die Entwicklung der ambulanten ärztlichen Berufstätigkeit – 2016 waren bereits 32.348 Ärzte angestellt tätig, davon 45 Prozent in MVZ und 55 Prozent in Einzelpraxen, die bis zu drei Ärzte anstellen können, und Berufsausübungsgemeinschaften. Diese steigende Zahl Angestellter habe sich leider in den Ergebnissen der Wahlen zu den KV-Vertreterversammlungen nicht wiedergespiegelt. Von 622 Mandaten bundesweit seien 93 Prozent an Ärzte in selbstständiger Niederlassung gegangen und nur 7 Prozent an Ärzte in Anstellung. Zumindest seien die Beratenden Fachausschüsse Angestellte Ärzte nun mit einer Größe von drei bis acht Ärzten überall installiert, auch auf Bundesebene in der KBV. Zu beobachten sei jedoch, dass die Mitarbeit angestellter Ärzte in den übrigen Fachausschüssen von den Kassenärztlichen Vereinigungen nicht gewünscht sei.

Der BMVZ werde sich in der nächsten Legislaturperiode nicht für eine Besserstellung, aber eine Gleichstellung angestellter Ärzte mit den niedergelassenen Kollegen einsetzen. Dies sei untrennbar mit dem Thema „Honorargerechtigkeit“ verknüpft, denn lokale Honorarverteilungsmaßstäbe seien durchaus auch ein Thema für Angestellte: Gleiches Geld für gleiche Leistung! Auch die Herstellung von Transparenz in den Abrechnungen trage absolut zur Arbeitsmotivation für die angestellten Ärzte bei. All dies sei nur dadurch zu erreichen, dass sich die Gruppe der Angestellten mehr in den Gremien der KV einbringen müsse.

Zu guter Letzt gab Dr. Velling den Betreibern von MVZ noch die Anregung, Anstellungsverträge mit Ärzten nur noch über zehn und mehr Wochenstunden laufen zu lassen, um die KV-Mitgliedschaft jedes ärztlichen Mitarbeiters sicherzustellen.

„Verkrustete Strukturen“

Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe sprach sich im Anschluss – wie schon so oft – deutlich für jede Lockerung „verkrusteter Strukturen“ und die Überwindung der Sektorengrenzen durch Vernetzung aus. Die Politik müsse dem Wunsch junger Ärzte, zu Beginn ihrer Berufstätigkeit oder auch dauerhaft angestellt zu arbeiten, Rechnung tragen. Von der Förderung sektorübergreifender Projekte, die nichtärztliche Fachberufe aufwerten und Telemedizin beinhalten, erhoffe er sich ein Aufbrechen der Regelversorgung. Er wünsche sich daher, dass der Innovationsfonds „entfristet“ werde.

Dr. Köppl und Dr. Velling gaben ihm noch mit auf den Weg, dass aus ihrer Sicht die Strukturen in der ambulanten Versorgung immer noch zu sehr auf die Einzelpraxis der Niedergelassenen und nicht auf kooperative Strukturen und angestellte Ärzte abgestellt seien, insbesondere beim Thema Abrechnung und Vergütung, aber auch beim Thema Weiterbildung – etwa wenn ein Arzt, der gleichzeitig in MVZ und Krankenhaus angestellt sei, an beiden Stätten weiterbilden möchte. Man erhoffe sich für die Überwindung der Hürden an der Sektorengrenze weiterhin ein „offenes Ohr“ des künftigen Gesundheitsministers.

Zur Autorin

Stefanie Gehrlein ist Justiziarin im MB-Bundesverband.