Warnung vor dem Kollaps

Berlin, 27. September 2021 (lure). Wenn sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) um die Zukunft der ambulanten Versorgung in Deutschland sorgt, dann ist dies regelmäßig Grund zur tatsächlichen Sorge. Die Spitzen der KBV nutzen solche Gelegenheiten nämlich gerne, um gegen angestellte Ärztinnen und Ärzte zu wettern – wie zuletzt in der „Ärztezeitung“.

Wirtschaftlich und  angestellt passt nicht?

Im Interview monierte Dr. Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV: „Wir ignorieren nicht den Trend zur Anstellung, wir sehen ihn und warnen davor, dass die Versorgung in Deutschland kollabiert.“ Anstellung passe nicht zur Logik des SGB V. Er erwähnte das dort stehende Wirtschaftlichkeitsgebot: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.“

Das habe nichts mit einem Arbeitsvertrag zu tun. Ein Regress zum Beispiel wäre arbeitsrechtlich vollkommen unzulässig. Er führte aus, dass eine KV nicht gleichzeitig für die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer da sein könne. Der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen widersprach nicht. Dabei dreht die KBV-Spitze nicht vollkommen frei. Auch die KV Baden-Württemberg konstatierte kürzlich, dass der Trend zur Anstellung bei Ärzten die Sicherstellung erschwere.

Das, was Hofmeister für unmöglich hält, ist jedoch Realität. Mitglieder der KVen sind nämlich laut KBV-Website:

  • die im jeweiligen Zuständigkeitsbereich niedergelassenen zugelassenen Ärzte und Psychotherapeuten,
  • die bei Vertragsärzten und den zugelassenen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) tätigen angestellten Mediziner (mindestens halbtags tätig),
  • die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung in den zugelassenen medizinischen Versorgungszentren tätigen angestellten Ärzte und
  • die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden ermächtigten Krankenhausärzte.

Sie alle gilt es zu vertreten. Die derzeitige Spitze sieht sich dazu offenbar nicht in der Lage – und räumt damit eigenes Versagen ein. Dabei ist die Zahl der Betroffenen nicht klein.

Anstellung wird immer beliebter

Die Zahl der Ärzte und Psychotherapeuten, die in Medizinischen Versorgungszentren und Praxen angestellt sind, hat sich laut KBV auf 42.631 im Jahr 2020 erhöht. Sie sollten bei den Wahlen 2022 möglichst ihre Interessenvertretenden in die Vertreterversammlungen wählen und so klar machen, dass sie kein Grund zur Sorge sind – außer für jene, die sie nicht vertreten wollen.

So glorreich ist der Vorstand nämlich nicht. Der Vertretersammlung musste er den Anstieg des Orientierungswertes um 1,275 Prozent als akzeptabel verkaufen. Hofmeister selbst forderte: „Es muss endlich Schluss sein mit Gruselrhetorik und Panikpolitik!“ Nur meinte er nicht seine eigene zur Anstellung in Praxen – sondern die anderer zur Corona-Pandemie. Beteiligen Sie sich also an den Wahlen zu den Vertreterversammlungen 2022!