Neue Zahlen, neue Fakten

Angestellte Ärztinnen und Ärzte in der vertragsärztlichen Versorgung

Von Stefanie Gehrlein

Die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz ist Vorreiterin beim Thema angestellte Ärzte und Psychotherapeuten. Stellvertretender Vorsitzender ihrer Vertreterversammlung ist mit dem MB-Mitglied Dr. Karlheinz Kurfeß nicht nur ein ermächtigter Klinikarzt, über dessen Wirken sie bereits 2017 einen Film veröffentlicht hat (https://www.kv-rlp.de/mitglieder/filmothek/kv-tv-praxis-das-magazin-150/) und der sich besonders für die Belange der angestellten Ärzte in der ambulanten Versorgung einsetzt. Die KV bietet auch spezielle Veranstaltungen für diesen Teil ihrer Mitglieder an, wie zuletzt im Dezember vergangenen Jahres in Mainz und stellt online Informationen für Angestellte und Ermächtigte unter https://www.kv-rlp.de/mitglieder/niederlassung/ zur Verfügung. Diese enthalten unter anderem auch Hinweise da­rauf, wie ein berufspolitisches Engagement innerhalb der Kassenärztlichen Vereinigung aussehen könnte.

All das ist ungewöhnlich genug, war und ist doch der angestellte Arzt nach wie ein eher ungeliebtes „Kind“ in der KV-Landschaft. Insbesondere die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) rechnet gerne vor, wie viele Arztstunden in der Versorgung aufgrund des Trends zur (Teilzeit-)Anstellung verloren gehen.

Doch Vogel-Strauß- und Blockade-Politik wird nichts helfen. Bundesweit ist die Zahl der Angestellten in der vertragsärztlichen Versorgung seit 2007 auf mittlerweile 31.500 (Zahlen der KBV) bzw. 36.000 (Zahlen der Bundesärztekammer einschließlich Weiterzubildender) Ende 2017 stark angestiegen und der Trend ist ungebrochen.

Die auf der letzten Informa­tionsveranstaltung der KV Rheinland-Pfalz von Dr. Kurfeß zur 6-Jahres-Entwicklung vorgestellten Zahlen sprechen für sich: Seit Inkrafttreten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes 2007 ist ein Anstieg des Angestelltenanteils seit 2007 von 5 auf 24 Prozent im Jahr 2018 zu verzeichnen (seit 2012 von 15 auf 24 Prozent). Dementsprechend ist der Anteil der Niedergelassenen gesunken. Diese Ergebnisse im ärztlichen Bereich sind sogar etwas „verfälscht“ durch einen gegenläufigen Trend bei den Psychotherapeuten, die einen großen Zuwachs im Bereich der Zulassung verzeichnen – dies he­rausgerechnet ist die Entwicklung noch deutlicher.

Betrachtet man die Zahlen gesplittet nach Versorgungsbereichen zeigt sich, dass der Angestelltenanteil im Jahr 2018 bei den Fachärzten mit 33 Prozent wesentlich höher lag als bei den Hausärzten mit 20 Prozent. Die Unterschiede bei den Geschlechtern sind mit 21 Prozent bei Männern und 28 Prozent bei Frauen nicht ganz so deutlich wie vielleicht erwartet. Insgesamt tragen sie aber dem Umstand Rechnung, dass der Wunsch nach mehr Work-Life-Balance einer des ganzen Nachwuchses und kein speziell weiblicher ist.

Die KV Rheinland-Pfalz hat sich zudem die Entwicklung mit Blick auf die unterschiedlichen Organisationsformen angesehen. Naturgemäß ist der Angestelltenanteil 2018 bei Medizinischen Versorgungszentren mit 92 Prozent wesentlich höher als bei Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) mit 20 Prozent und Einzelpraxen mit 13 Prozent. Aber der Zuwachs seit 2012 ist auch dort groß: In der BAG waren 2012 nur 10 Prozent der Ärzte angestellt, in der Einzelpraxis 7 Prozent. Dies bedeutet, dass sich der Trend zum Angestelltendasein nicht nur in kooperativen Strukturen zeigt, sondern auch in der klassischen Einzelniederlassung.

Mit diesen Zahlen korrespondieren die Untersuchungen zum Durchschnittsalter: Angestellte Ärzte waren im Schnitt im Jahr 2018 „erst“ 52 Jahre alt, Niedergelassene bereits 56. Das schlägt auf den Altersdurchschnitt in den jeweiligen Organisationsformen durch: Mit 56 Jahren sind Ärzte in der Einzelpraxis im Schnitt deutlich älter als Ärzte im MVZ.

Der Anteil der Teilzeit­beschäftigten unter den Angestellten ist von 40 Prozent im Jahr 2012 auf 52 Prozent im Jahr 2018 gestiegen. Besonders hoch ist dieser Anteil mit 61 Prozent erwartungsgemäß bei Beschäftigten im MVZ. In dieser Organisationsform hat sich über die Jahre an der Geschlechterverteilung allerdings nichts geändert – 36 Prozent bzw. 37 Prozent der Ärzte waren und sind Frauen. Auch dies spricht dafür, dass der Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung kein geschlechtsspezifischer ist.

Die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz zieht aus den von ihr erhobenen Zahlen folgende Schlüsse, die auch ihr Handeln für die Zukunft bestimmen werden:

Starke anteilsmäßige und absolute Zunahme der Anstellungen seit Inkrafttreten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes 2007

Die Attraktivität des Angestelltenstatus nimmt bei beiden Geschlechtern gleichermaßen zu.

52 Prozent der Anstellungen erfolgen in Teilzeit.

Mehrheit der Neueinsteiger in die ambulante Versorgung wählt das Angestelltenverhältnis (2018: 58 Prozent).

Zur Autorin

Stefanie Gehrlein ist Justiziarin im Marburger Bund Bundesverband.