Persönliche Kommentare offenbaren Wünsche für die Zukunft
Arbeitssituation im ambulanten Bereich – Fragen an angestellte Ärztinnen und Ärzte
Von Stefanie Gehrlein
Im ersten Teil der MBZ-Umfrage standen insbesondere die Ergebnisse zu Arbeitsstrukturen, Arbeitszeiten, Vergütung und Weiterbildung im Fokus. Im folgenden zweiten und letzten Teil der Umfrage unter angestellten Ärztinnen und Ärzten im ambulanten Bereich geben vor allem die zahlreichen persönlichen Kommentare einen guten Einblick in das, was sich in dem Gesamtbereich noch verbessern sollte.
69 Teilnehmer der Umfrage geben an, dass sich in ihren Arbeitsverträgen Regelungen zu Boni oder anderen variablen Vergütungsanteilen finden.
Gekoppelt sind diese Vergütungen an unterschiedliche Ziele wie die Erbringung von privatärztlichen und IGeL-Leistungen, das Erreichen bestimmter Fallzahlen, wirtschaftliche Ziele wie Gewinn, Überschuss oder Erlös, die Einhaltung von Plausibilitätszeiten, die Erstellung von Gutachten, die Erbringung ambulanter Operationen, den Arbeitseinsatz im Sinne von Belastbarkeit und Flexibilität, die Bereitschaft zu Teamwork und die Einhaltung der Budgetplanung.
Besonders interessant ist hier, dass in zwei Antworten auch angegeben wurde, dass man für Zuweiserverhalten finanziell belohnt werde – eine insbesondere mit Blick auf das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen problematische Konstruktion.
Auf die Frage, ob der Arbeitgeber direkten oder indirekten Einfluss auf medizinische Entscheidungen nehme, antworteten immerhin 80 der Teilnehmer mit ja. Als hauptsächliche Felder der Einflussnahme wurden Medikamenten- und andere Verordnungen sowie ärztliche Behandlungsentscheidungen insgesamt genannt. In Einzelfällen mache der Arbeitgeber auch Vorgaben zu der Frage, in welche Kliniken die Patienten eingewiesen werden sollen.
Persönliche Kommentare: Viele der Antwortenden haben die Möglichkeit genutzt, Wünsche für die Zukunft zu äußern. Sie haben vor allem das Anliegen, der MB möge sich noch mehr für seine Mitglieder engagieren, die im ambulanten Sektor tätig sind, und diese in vielfacher Hinsicht unterstützen.
Hierzu gehört für viele Betroffene neben der rechtlichen Beratung und berufspolitischen Vertretung in erster Linie das Abschließen von Tarifverträgen im ambulanten Sektor. Die Musteranstellungsverträge, die der MB als „Vorstufe zum Tarifvertrag“ anbietet, werden zwar zunehmend auch von Arbeitgebern akzeptiert und genutzt. Trotzdem empfinden die betroffenen Ärzte – davon zeugen die Umfrageergebnisse – die individuellen Verhandlungen von Arbeitsverträgen mit Blick auf die Vergütung, aber auch andere Arbeitsbedingungen wie die Regelung von Überstunden, Fortbildungsmöglichkeiten oder Urlaubsansprüchen nach wie vor als schwierig. Beispielsweise fehlen ihnen mangels Transparenz über die Vergütungsstrukturen in diesem Bereich Anhaltspunkte dafür, welche konkrete Gehaltsforderung bei einer Arbeitsvertragsverhandlung angemessen ist, da es anders als bei einer Anstellung im Krankenhaus Unterschiede zwischen den Fachgebieten gibt und die Spannbreite der Gehälter sehr groß ist.
Einige Umfrageteilnehmer beklagen, dass die häufig im vertragsärztlichen Bereich anzutreffende Personenidentität von Arbeitgeber und Vorgesetztem zu direkter Abhängigkeit und teilweise rücksichtslosem Verhalten führe, dem man mehr ausgeliefert sei als beim Arbeiten im Krankenhaus mit seinen breiter gefächerten Strukturen und der Unterstützung durch Kollegen. Man fühle sich eher als „Einzelkämpfer“.
Auch wünschen sich junge Ärztinnen und Ärzte mehr Information über die Weiterbildung im ambulanten Bereich, beispielsweise über Förderprogramme und Rahmenbedingungen.
Allgemein, aber vor allem dann, wenn eine Weiterbildung durch die Kassenärztliche Vereinigung gefördert wird, halten Umfrageteilnehmer die regelhafte Anwendung des Standard-Anstellungsvertrages des MB für sich weiterbildende Ärztinnen und Ärzte für wichtig, um faire und dem stationären Bereich entsprechende Arbeitsbedingungen sicherzustellen. Teilzeitbeschäftigte wünschen sich eine flexible Anerkennung von in Weiterbildung geleisteten Abschnitten und damit von solchen, die unter 50Prozent der Wochenarbeitszeit liegen.
Auch im ambulanten Bereich wird die Problematik einer zunehmenden Ökonomisierung und einer Übernahme ambulanter Strukturen durch gewinnorientierte private Konzerne gesehen. Einige Teilnehmer der Umfrage sprechen sich daher für ein verstärktes berufspolitisches Vorgehen des Marburger Bundes gegen diese Entwicklung aus.
Aber es gibt auch sehr viele Antworten, die das angestellte Arbeiten in der vertragsärztlichen Versorgung oder anderen ambulanten Bereichen wie dem MDK, der Rentenversicherung, den Arbeitsagenturen oder dem Öffentlichen Gesundheitsdienst insgesamt als sehr positiv beschreiben. Man schätzt die fehlenden Dienste, die vielerorts wenigen Überstunden, die Planbarkeit der Arbeitszeit insgesamt, die intensive und persönliche Patientenbetreuung, das eigenverantwortliche, selbstständige Arbeiten ohne wirtschaftliche Verantwortung und vieles mehr.
Insbesondere Medizinische Versorgungszentren werden von einigen als das Modell der Zukunft angesehen. Es biete die Vorteile einer Tätigkeit in einer größeren Einheit wie Flexibilität und kollegialen Austausch, ohne die Nachteile des Arbeitens in einer Klinik wie Nacht- und Wochenenddienste, hierarchische Strukturen etc.
Zur Autorin
Stefanie Gehrlein ist Justiziarin im MB-Bundesverband.
- Lesen Sie Teil I zur MBZ-Umfrage 2018 hier
- Link zu den Ergebnissen der MBZ-Umfrage 2014